Johann Joseph Schmeller (1796–1841): Franz Carl Adelbert Eberwein.
Kreide- und Kohlezeichnung, zwischen 1824 und 1832

(Meist nur: Carl oder Karl). – Bekanntester Musiker der Familie.
Jüngster Sohn des Weimarer Stadtmusikers
Alexander Bartholomäus Eberwein (1751–1811).
Er ist wie sein älterer Bruder
Traugott Maximilian Eberwein (1775–1831) in Weimar geboren worden. Nach der musikalischen Ausbildung durch den Vater, kam er 1803 als Flötist und
Violinist zur herzoglichen Hofkapelle.

Im Alter von 21 Jahren trat Carl Eberwein erstmals als Hausdirigent bei Johann Wolfgang
von Goethe (1749–1832) in Erscheinung und übernahm nach 1808 die Leitung der Hausmusiken
am Frauenplan.

Auf Veranlassung Goethes reiste Eberwein 1808 und 1809 nach Berlin, um bei Carl Friedrich Zelter (1758–1832) Unterweisungen in der Komposition zu erhalten. Die Liedästhetik Zelters war prägend für den Stil der Kompositionen von Eberwein, von denen besonders die Goethe-Erstvertonungen
der Lieder aus dem
West-östlichen Divan (1821) und aus Kunst und Altertum (1823)
dem hausmusikalischen Kontext zuzurechnen sind.

Über den Beginn seines Wirkens als Leiter der Hausmusik bei Goethe schrieb Eberwein:
„Die Übungen der Hauskapelle wurden unter meiner Leitung mit großem Eifer fortgesetzt.
Wie früher war Donnerstag=Abends Probe, nach der man meistens zu einem fröhlichen Mahle zusammenblieb; Sonntag=Morgens Aufführung vor großer, guter Gesellschaft, begleitet von irgendeinem Frühstück. Anfangs machte mich Goethes Gegenwart in den Proben befangen. Ich fürchtete ihn durch öftere Repetitionen oder Bemerkungen über Einteilung und Vortrag zu ermüden. Als er aber darüber weder Unlust noch Mißbehagen blicken ließ, vielmehr selbst beim Einstudieren seiner Lieder, hinsichtlich des Vortrages, eine nicht zu besiegende Zähigkeit an den Tag legte, bis wir das Rechte getroffen hatten, so gewann ich allmählich den Mut, die Direktion nach Pflicht und Überzeugung zu handhaben.“
(Wilhelm Bode: Goethes Schauspieler und Musiker, S. 91).


Goethes Wohnhaus am Frauenplan in Weimar. Zeitgenössische Darstellung

Goethes Intention, sich den Leiter seiner Hausmusiken sowohl in ästhetischer als auch in praktisch-musikalischer Hinsicht für seine Absichten zuzuschneiden, konnte trotz Eberweins ehrgeizigem Engagement nie vollständig befriedigt werden. Doch äußerte Goethe 1827 gegenüber Marianne
von Willemer über Carl Eberwein:
„Er war von je das Fundament, worauf meine musikalischen Hausübungen beruhten“. Unbestritten ist, dass Goethe wohl mit keinem anderen Musiker so eng zusammengearbeitet hat. Deshalb muss Carl Eberwein als wichtigster musikalischer Berater
Goethes in Weimar gelten.

1810 erhielt Eberwein den Titel eines Kammermusikers, leitete von 1818 bis 1829 die Musiken
in der Stadtkirche und wirkte als Gesangslehrer am Seminar.
Er heiratete die aus Erfurt stammende Sängerin
Rosamund Henriette Häßler (1790–1849).
Ihr Sohn
Friedrich Karl Wilhelm Maximilian Eberwein (1814–1875) wurde ebenfalls Musiker.
1826 übernahm Eberwein als herzoglicher Musikdirektor Kapellmeisterfunktionen im Hoftheater,
die er bis zu seiner Pensionierung 1849 innehatte.
Er starb hochbetagt am 2. März 1868 in seiner Geburtsstadt.

Als Komponist von Opern und Singspielen leistete er einen wichtigen Beitrag zur Musikentwicklung im nachklassischen Weimar. Unmittelbar von Goethe angeregt und auch betreut wurden eine Neukomposition von dessen Monodrama
Proserpina (1814/1815) und eine der ersten
Faust-Musiken (1815/1829, bis 1873 in Weimar gespielt).


F. C. A. Eberwein:
Proserpina. Monodrama (Goethe). Partiturkopie,
Eintritt des Parzenchores
„Du bist unser!“ (1815)

Carl Eberweins kompositorisches Gesamtschaffen umfasst etwa 150 Werke:
Kirchenkantaten, ein Oratorium, Opern (darunter
Die Heerschau von Kotzebue, Der Graf von Gleichen von Peucer) und Liederspiele (etwa Lenore von Holtei, eines der meist aufgeführten Bühnenwerke in Deutschland bis 1850, oder Das Liebhaberkonzert von Teuscher).

Neben den Entreactes und Gesängen zu Faust von Goethe entstand bis 1846 Faust am Hofe des Kaisers (der erste Akt von Eckermanns dreiaktiger Faust II-Bearbeitung). Weitere Bühnenmusiken verfasste er zu Preziosa von P. A. Wolff und Arthur von Wulfes. Dazu kamen noch Ballette und einzelne Entreaktmusiken.

Im Mittelpunkt des musikalischen Schaffens stand jedoch die Liedkomposition. Er vertonte neben Goethe u.a. Texte von Johann Peter Eckermann (1792–1854), Georg Friedrich Konrad Ludwig von Gerstenbergk (1780–1838), Karl Theodor Körner (1791–1813), Friedrich de la Motte-Fouqué (1777–1843), Friedrich Wilhelm Riemer (1774–1845), Friedrich von Schiller (1759–1805) und Johann Stephan Schütze (1771–1839).


F. C. A. Eberwein:
Suleika: „Hochbeglückt in deiner Liebe“,
aus:
Lieder aus Goethes West-oestlichen Divan, 6tes Heft

Sein instrumentales Oeuvre setzt sich aus Konzerten, Kammer- und Klaviermusiken zusammen.
Zahlreiche Kompositionen erschienen im Druck.

Literaturauswahl:
Wilhelm Bode: Stunden mit Goethe. Für die Freunde seiner Kunst und Weisheit.
Hrsg. v. W. Bode. Bd. 7.– Berlin 1911
Wilhelm Bode (Hrsg.): Goethes Schauspieler und Musiker.
Erinnerungen von Eberwein und Lobe.
– Berlin 1912
Wilhelm Bode: Die Tonkunst in Goethes Leben. Bd. 1. 2.– Berlin 1912
Moritz Fürstenau:
Eberwein, Franz Karl Adalbert E.– In: ADB. Bd. 5. Leipzig 1877, S. 588–589
Günther Kraft:
Artikel „Eberwein“.– In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik (MGG 1. Aufl.). Bd. 3. Kassel, Basel usw. 1954, Sp. 1061–1065
Wolfram Huschke:
Musik im klassischen und nachklassischen Weimar 1756–1861.– Weimar 1982
Peter Larsen:
Artikel „Eberwein, Familie“.– In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik (MGG). Begr. v. Friedrich Blume. 2. neubearb. Aufl. hrsg. v. Ludwig Finscher. Personenteil, Bd. 6. Kassel, Basel, usw. 2001, Sp. 36–38
Peter Larsen:
Musik bei Goethe – die Hausmusiken von 1807 bis 1832. Eine bislang wenig beachtete Problematik.– In: Aufbrüche – Fluchtwege. Musik in Weimar um 1800. Hrsg. v. Helen Geyer und Thomas Radecke. Köln, Weimar u. Wien 2003 (= Schriftenreihe der Hochschule für Musik Franz Liszt 3), S. 85–99

Grabstätte in Weimar



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Hintergrund:
F. C. A. Eberwein:
Faust von Goethe. Entreactes und Gesänge (1815/1829). Partiturhandschrift, Finale